Debian und Ubuntu im Vergleich

Wir bekommen vor der Buchung eines vServers, eines Root-Servers oder beim Server-Housing immer wieder die Frage gestellt, welche Linux-Distribution die Beste sei.

Vor einigen Tagen stellte uns ein Hosting-Kunde zur Buchung eines vServers erneut folgende Frage:

Ich kenne Debian weniger, benutze aber Ubuntu welches ja auf Debian aufsetzt. Wo liegt der Vorteil von Debian gegenüber Ubuntu aus eurer Perspektive?

Darauf möchte ich heute eingehen. Vorab möchte ich darauf hinweisen, dass es keine allgemein perfekte Linux-Distribution für alle gibt, aber für alle gibt es eine perfekte Linux-Distribution. Insofern kann man die Frage auch bzgl. Debian und Ubuntu nicht pauschal beantworten, denn beide Distributionen haben ihre individuellen Vor- und Nachteile. Dazu hängt außerdem viel vom Anwendungszenario, dem Ziel aber auch den eigenen Präferenzen ab

Wir bei Portunity setzen auf unseren eigenen Servern auf die Debian-Distribution - sind aber deshalb jetzt keine glühenden Verfechter derselben. Wir sehen das vielmehr relativ emotionslos. Für unsere Zwecke und Anwendungen wie Hosting, Webserver, Virtualisierung und sonstige ISP-lastige Dienste auf einer dreistelligen Serveranzahl bietet Debian für uns einfach mehr Vorteile. Das ist aber natürlich unsere subjektive Sicht. Und diese kann aber bei anderen Anwendungen in Kundenprojekten ganz anders aussehen. Von daher bemühe ich mich hier auch um eine möglichst neutrale und objektive Perspektive (soweit dies mir möglich ist).

Dazu zunächst ein kleiner Überblick:

Debian

  • Gründung: 16. August 1993 durch Ian Murdock
  • Erster Stable Release: Version 1.1 Juni 1996, Codename Buzz
  • Debian: Wortspiel aus dem Namen des Gründers (Ian) und dessen Frau (Debra).
  • Ziel: Das Debian-Manifest ist eine Übersicht zur Sichtweise von Debian. Im Vordergrund stand hier seitens Ian Murdock eine offene Entwicklung „im Geiste von Linux und GNU". D.h. jeder Entwickler und Nutzer darf dem Projekt frei beitragen. Außerdem gab es von Anfang an das Credo, dass Sorgfalt und Sicherheit im Fokus standen.
  • Organisation: Das Debian-Projekt hat heute eine Verfassung wodurch eine demokratische Organisationsstruktur mit regelmäßigen Wahlen gegeben bzw. angestrebt wird. Darüber hinaus gibt es im Debian-Gesellschaftsvertrag eine Richtlinie die regelt, wie die freie Software Debian hergestellt, verteilt und betreut wird. Das Thema "freie Software" wird vom Debian-Projekt und dessen Community sehr ernst genommen.
  • Relase-Zyklus: ca. alle 24 Monate
  • Entwickler: Lt. Wikipedia Über 1000
  • Website: http://www.debian.org/

Ubuntu

  • Gründung: 2004 durch Mark Shuttleworth
  • Basis-System: Debian
  • Erster Stable Release: Version 4.10 im Oktober 2004, Codename Warty Warthog
  • Ubuntu: Ist an die afrikanische Sprache Zulu angelehnt und bedeutet in etwa "Menschlichkeit" und "Gemeinschaft"
  • Ziel: Einfachheit und leichte Bedienung sowohl bei der Installation als auch beim Betriebssystem und der Software steht im Vordergrund. Erreicht wird es durch auf einander abgestimmte Software, wobei es für jede Aufgabe idealerweise immer genau ein Programm gibt.
  • Organisation: Das Projekt wird vom Unternehmen Canonical Ltd. gesponsert, das vom südafrikanischen Unternehmer Mark Shuttleworth gegründet wurde und sich durch optionalen kommerzielle Support-Leistungen selbst finanzieren soll.
  • Relase-Zyklus: Alle 6 Monate - 18 Monate lang gibt es Updates bei den Long-Term-Versionen (LTS)
  • Entwickler: ca. 40 hauptberufliche Entwickler, gesponsert durch die Canonical Ltd
  • Spezial-Versionen: Kbuntu (KDE-Desktop statt GNOME), Ubuntu Server Edition (keine GUI, 5 Jahre Update-Unterstützung) und andere
  • Website: http://www.ubuntu.com/

 

     

Ubuntu basiert auf Debian

Die wichtigste Information: Ubuntu basiert auf Debian. Wenn eine neue Ubutun-Version gestartet wird, werden die Pakete der aktuellen Debian-Entwicklerversion (Unstable Version) kopiert - und darauf aufbauend wird die Ubuntu-Distribution dann weiter entwickelt. Von Debian übernommen wird außerdem das Debian-Paketformat (.deb) und Aptitude (Modul-Installer). Die weitere Entwicklung ist dann weitestgehend unabhängig von Debian. Schwerpunkt der Arbeit ist dabei dann die Sicherstellung, dass alles miteinander funktioniert und harmoniert sowie der Ubuntu-Philosophie bzgl. der Simplifizierung entsprochen wird.

Seitens der Debian-Community kommt immer wieder der Vorwurf und die Kritik, dass Ubuntu ohne die Vorarbeit von Debian überhaupt nicht existieren könnte und darüber hinaus wenig von Ubuntu an Debian zurückfließt. Daran hat sich zwischenzeitlich aber einiges verbessert, so werden seitens Ubuntu Änderungen an Dateien im Diff-Format zur Verfügung gestellt und im Frühjahr dieses Jahres wurde seitens Debian das Debian dErivatives eXchange Projekt (DEX) gegründet um die Zusammenarbeit allgemein mit derivativen Distributionen zu verbessern.

Dieses Vorgehen bei der "Entwicklung" von Ubuntu hat natürlich Vor- und Nachteile:

Vorteile von Ubuntu:

Im Handling ist Ubuntu in vielen Dingen ähnlich bis identisch wie Debian. Die Konfigurationsdateien liegen meistens nicht nur an den gleichen Stellen, sondern sind auch ähnlich bis identisch vom Aufbau. Wer also von Debian kommt, wird auch mit Ubuntu sofort klar kommen - und umgekehrt.

Die Installation und Bedienung ist hier und da etwas bis deutlich einfacher als bei Debian - da die Ubuntu-Entwickler eben gerade da ihren Fokus drauf legen. Dies spricht natürlich Einsteiger und weniger erfahrene Anwender / Administratoren eher an (was nicht abwertend gemeint sein soll). Generell wird dem Benutzer viel an Vorkonfiguration angeboten, was natürlich einen Einstieg in Linux gerade auch im Desktop-Bereich vereinfacht. Dazu trägt beispielsweise auch eine Live-CD bei oder das im Vergleich zu anderen Linuxsystemen ein Zugriff auf einen Root-Account standardmässig nicht vorgesehen sist - allerdings problemlos nachträglich aktiviert werden kann (im Hintergrund gibt es natürlich auch einen root).

Außerdem ist der Entwicklungszyklus deutlich schneller. Ubuntu strebt, wie bereits oben beschrieben, einen Update-Zyklus von sechs Monaten an. Man kann also salopp auch sagen, dass Ubuntu die schnellere Entwicklung über Stabilität und Sicherheit setzt. Daraus resultiert, dass natürlich aktuellere Hardware (wie z.B. auch bei Notebooks, Grafikkarten u.a.) besser unterstützt wird und allgemein neue Funktionen schneller verfügbar sind.

Bei Debian muss man da im Zweifelsfall selber Hand an legen, z.B. neuere Treiber und Versionen aus den sogenannten Backports / aus dem Entwicklerzweig händisch zurück-installieren und -führen. Das geht, ist aber umständlicher.

Nachteile von Ubuntu:

Ubuntu ist zwar immer ein TOP-aktuelles System - hier und da kommt es dadurch allerdings schon mal eher zu Problemen mit Funktionen und Programmen. Stichwort "Kinderkrankheiten". Diese können bei Debian durch die deutlich längeren Entwickler-Zyklen natürlich viel besser "auskuriert" werden.

Zwar bietet Ubuntu zwischenzeitlich auch eine spezielle Serverversion - bei der es sogar 5 Jahre Updates geben soll - aber so ganz allgemein steht bei Ubuntu aus unserer Sicht eher die Entwicklung eines Desktop-Systems mit grafischer GUI im Vordergrund.

Die Installation von Ubuntu ist wie gesagt etwas einfacher als bei Debian. Allerdings gibt es dafür bei der Installation natürlich auch nicht so viele Möglichkeiten sein System schon während der Installation anzupassen. Durch die Philosophie "1 Programm für jede Aufgabe" wird es natürlich übersichtlicher, wer aber explizit eben das eine andere Programm nutzen möchte - ist schnell auf sich gestellt. Debian bietet die deutlich größere Basis an Paketen und Programmen.

Fazit

Ubuntu ist ziemlich ähnlich aufgebaut wie Debian - fühlt sich auch ähnlich aber hier und da auch etwas anders an. Die Komplexität durch tausende von Programmen und Paketen ist bei Ubuntu deutlich reduzierter. Ubuntu ist dazu immer etwas aktueller - auf Kosten der Stabilität und auch Sicherheit durch mögliche "Kinderkrankheiten" und nicht identifizierte Bugs.

So ganz allgemein kann man deshalb sagen: Bei einem Desktop-System mit grafischer GUI-Oberfläche überwiegen bei Ubuntu die Vorteile - bei einem Server mit Server-Diensten spielt Debian durch höhere Stabilität und Sicherheit seine Vorteile aus. Ubuntu ist für Einsteiger etwas besser - während Debian sich eher an erfahrene Administratoren richtet.

Dies kann aber nur eine ganz grobe pauschalisierte Richtung sein. Denn natürlich wird auch die Ubuntu-Server-LTS gute Dienste leisten und natürlich kann man auch auf einem Debian-System einen Desktop installieren. Und wir haben im übrigen auch Kunden, welche auf einem vServer oder Root-Server Desktop-Systeme mit GUI betreiben, z.B. als zentrales Remote-Desktop-System oder weil spezielle Software einfach danach verlangt. Ein Dektop-System muss ja nicht immer inhouse stehen und es kann viele gute Gründe geben, warum man auch auf einem Server eine GUI benötigt. Von daher können wir auch nicht allen vServer und Rootserver-Kunden pauschal zu Debian raten - auch wenn die virtuellen und physikalischen Systeme bei uns als "Server" angeboten / bezeichnet werden.

Neben der allgemeinen und pauschalisierten Aussage "Desktop=Ubuntu, Server=Debian" hängt es also auch immer vor allem vom Anwendungszweck ab. Unser Hosting-Kunde, der die Frage eingangs gestellt hatte, wollte vor allem einen virtuellen Server wo er sich eine "eigene Spielwiese zum Testen von verschiedenen Dingen und Server-Diensten" aufbauen kann. Da er außerdem nicht ständig Linux-Systeme administriert, ist die zwischenzeitlich auch gewählte aktuelle Ubuntu-Server LTS-Version von daher sicher eine gute Wahl. Er wird damit aktuelle Pakete haben, verzichtet durch die "Server-Edition von Ubuntu" auf den "GUI-Krempel" und hat lange Update-Unterstützung. Einzig wenn er spezielle und von Ubuntu nicht von Haus aus mitgelieferte Software benötigt, wird er leicht erhöhten Aufwand haben (wobei viele für Debian veröffentlichte Pakete auch unter Ubuntu anstandslos laufen, da das Paketsystem und die Grundstruktur was Konfigurationsdateien angeht wie gesagt von Debian übernommen wurden).

Wer hingegen einen produktiven Unterbau für seinen Online-Shop, seine Konzern-Website o.ä. betreiben will - da würden wir dann schon eher zu Debian raten. Dazu braucht man dann möglicherweise zwar etwas mehr Knowhow um sich beispielsweise aktuelle Apache und PHP-Versionen zu organisieren, aber wer eh dutzende Systeme administriert, hat sich diesbzgl. auch in gewisser Weise eingerichtet. Wir bei Portunity haben uns beispielsweise so für Debian zwischenzeitlich so eigene Installations-Scripte sowie einige maßgeschneiderte und aufeinander abgestimmte Pakete zurechtgelegt, womit wir uns den täglichen Einsatz bequemer gestaltet haben.

Sowohl Debian als auch Ubuntu sind aus unserer Sicht hervorragende Linux-Distributionen und werden von uns deshalb gerne auf virtuellen Servern sowie physikalischen Root-Servern installiert. Auch bei unseren Kunden im Server-Housing werden beide Systeme gleichermassen gern eingesetzt. Beide haben in einzelnen Nischen Stärken und Schwächen, so richtig verkehrt macht man aber mit keiner der beiden Linux-Distributionen etwas.

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Über den Autor

Lea Rücker
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