SEPA Verfahren - Offener Brief zu unseren Erfahrungen

Wie jedes Unternehmen beschäftigen auch wir uns zwangsweise seit etlichen Monaten mit SEPA - mehr als uns lieb ist. Unsere Erfahrungen verarbeitet Bernd in einem offenen Brief an die EU-Zentralregierung - er leidet unter dem SEPA-Syndrom schon regelrecht. Wenn es nicht so zum Tagesgeschäft gehören würde, könnte man allerdings über einige Passagen ja schon echt fast drüber lachen...

Nachdem wir seinen Blogbeitrag sahen konnten wir uns im Team nicht verkeifen, ihm heute am 1.4.2014 noch einen Bankbrief mit den neusten Sepa-Ideen zuzuspielen um das gelebte SEPA-Feeling noch etwas zu würzen :-)

Liebe EU-Zentralregierung!

Seit gut einem Jahr trommelt die Bankenlobby -sicher in Ihrem Sinn- in Sachen SEPA und versucht uns das Ganze als tolle Verbesserung zu verkaufen: SEPA, ein Zahlverfahren für Überweisungen, Lastschriften und Abbuchungen, garniert mit den Zahlenmonstern IBAN und BIC. Hauptargument ist die so einfache länderübergreifende Überweisung innerhalb der EU. Bedenkt man, dass die meisten Endkunden, fast alle Vereine und auch die meisten Firmenkunden in Relation zu den Inlandzahlungen nur sehr selten solche Auslandszahlungen versenden oder empfangen, dann ist das wohl eher Marketing-Geblubber.

Und das Argument der Vereinheitlichung auf EU-Ebene? Warum man ein seit Jahrzehnten bewährtes und in Europa vorbildliches, weil reibungslos funktionierendes Zahlungssystem in Deutschland abschafft und nun gegen einen solchen Schrott austauschen muss und dann dem ganzen noch den Stempel "Vereinheitlichung" aufdrückt, wird sich mir wohl nie erschließen, vielleicht muss man dafür eine Banklehre gemacht haben und ein paar Jahre in der postsozialistischen Gleichmacher-Zentralregierung in Brüssel gesessen haben.

Wir haben vor einigen Wochen nun auch umgestellt.

Von Vereinfachung keine Spur, das Gegenteil ist der Fall: Eine Überweisung dauerte zunächst locker das doppelte an Zeit, denn eine SEPA-Kontonummer (IBAN) und eine BLZ (jetzt BIC) abzulesen und einzutippen, ist bei diesen Zahlenmonstern einfach aufwendiger. Noch schlimmer sind die Zahlungseingänge, denn da haben es die Banken schlichtweg verpennt, einen Standard beim Verwendungszweck zu etablieren, eingehende SEPA-Zahlungen sehen dann so im Bemerkungsfeld aus:

  • EREF+1384112294423-6733465
  • KREF+NSCT131432000131000000
  • 0000000000001
  • SVWZ+ReNr: 1822759, KdNr: 164396

Der Datenmüll der ersten Zeilen ist interessant, denn dadurch muss man, um die relevante Endzeile zu entdecken, in seinem Bankingprogramm bei jeder einzelnen Zahlung von der Listenansicht (da werden nämlich nur maximal die ersten 3 Zeilen des Verwendungszwecks angezeigt) in die Detailansicht wechseln und sich dort die Rechnungsnummer raussuchen, um sie als bezahlt zu verbuchen.

Eine der Kinderkrankheiten von SEPA, denn die Banken übertragen das in einem alten Format MT940. Das neue camt-Format kann das, aber erst wenn alle Banken darauf umgestellt haben. Bis dahin werden SEPA-Überweisungen in den ersten 3 - 4 Zeilen mit kryptischem SEPA-Müll angereichert und der eigentliche Verwendungszweck dann erst in den Folgezeilen. Oder was dank dem alten Format dann ganz oder teilweise abgeschnitten wird und den Empfänger dann in den Genuss umständlichen Suchens bringt.

Wir sind aktuell dankbar für jeden Kunden, der nicht per SEPA überweist, denn da steht dann z.B. im Verwendungszweck nur: ReNr: 1822759, KdNr: 164396. Und das ganze direkt in der Listenansicht im Bankingprogramm, d.h. das Finden der Rechnungsnummer und das Ausbuchen geht mehr als doppelt so schnell.

Nachtrag 20.1.2014: Seit einigen Tagen funktioniert zumindestens das aber nun, ob das allerdings die Umstellung auf das neue Format war oder der Hersteller unserer Banksoftware den Datenmüll einfach rausfiltert? Keine Ahnung, Hauptsache weg.

Und der Überraschung dritter Teil: Die Anzahl unserer Mahnungen hat sich erhöht, denn das falsche Abschreiben von IBAN, dem Schrecklichen führt oft zu Rückläufern, d.h. Kunden überweisen an eine ungültige oder noch schlimmer, an eine falsche Kontonummer. Bei dem Zahlenmonster IBAN allerdings auch kaum verwunderlich. Besonders herrlich sind die oft vorkommenden Aneinanderreihungen von mehreren Nullen, besonders bei den beliebten kleinen Schriftgrößen auf Rechnungsformularen: Waren das jetzt 6 oder 7? Nochmal nachzählen! Hat jemand meine Lupe gesehen?

Vom Programmieraufwand für unser eigenes Fakturierungssystem und die entsprechenden Schnittstellen mal ganz abgesehen: Wir haben nur Ärger und Aufwand mit SEPA, Und wenn mir dann die nächste Bankenmitteilung ins Haus flattert, wo mir das Ganze als tolle Neuerfindung und Vereinfachung verkauft werden soll, dann kriege ich einfach nur noch einen dicken Hals und jede einzelne Überweisung und fast jeder Zahlungseingang belehrt mich schlicht eines Besseren.
- Anmerkung: Ok Bernd -> eine gute Idee für unser Bankschreiben, siehe ganz oben den Link zum Bankbrief  ....

Und die Umstellung auf die neuen Abbuchungsmandate (Firmenlastschriften) steht uns noch bevor. Mit den Abbuchungen hatten wir zwar keinerlei Probleme in den letzten 10 Jahren, aber <sarkasmus an=""> die Umstellung soll sich ja lohnen, denn hinterher ist ja alles viel einheitlicher, einfacher und schöner.<sarkasmus aus="">.</sarkasmus></sarkasmus>

Nachtrag 28.1.2014: Wenn man viel Mist produziert, darf man sich nicht wundern, wenn das Klo verstopft. Aus dem Grund hat die EU-Zentralregierung Anfang 2014 die SEPA-Einführung um 6 Monate verschoben.

Pünktlich abgeschafft wurde aber natürlich das alte Abbuchungsverfahren. Und schon wieder Probleme: Prompt hatten wir eine Rückbuchung bei einem Kunden, angeblich wegen fehlendem Mandat. Das hatten wir aber selbst an die Kundenbank geschickt, 2 Wochen (das sind 10 Banken-Arbeitstage!) vor der SEPA-Abbuchung. Ein Anruf bei der Kundenbank: "Aufgrund der Vielzahl der Mandate liegt die Bearbeitungszeit bei bis zu 4 Wochen bis das Mandat im System verbucht ist." Parallele zur EU-Zentralregierung: Profis am Werk :-(

Und der Clou: Unsere eigene Bank (Commerzbank) berechnet an "Gebühren für die Rückbelastung einer SEPA-Firmen-Lastschrift" einen satten Betrag von 26,67 Euro. (Ist vermerkt und wird beim jährlichen Lieferanten-Prüfstand berücksichtigt!)

Apropos Gebühren: Einige Lieferanten, z.B. auch der Zenit Pressevertrieb überweist uns 1 Cent und gibt uns im Verwendungszweck dann die vorgeschriebenen SEPA-Infos (Gläubiger-ID und Mandatsreferenz) durch. Super-Idee, liebe Zenitler, da habt Ihr ja ordentlich Briefporto gespart. Euer geistiger Zenit war an dem Tag dieser Idee aber wohl nicht so auf der Höhe, denn Eure Kunden dürfen auch für 1-Cent-Überweisungen Bankgebühren bezahlen, das nennt sich auch bei Eurer Bank "Postengebühr".

Nachtrag 12.3.2014: Weitere geplatzte SEPAs. Diesmal ist die Kombination "einmalig" und "Mandats-Referenz" schuld. Für jeden halbwegs intelligenten Menschen ist z.B. im Zuge eines Werkvertrages eine Rechnung über 3 Stunden Support eine einmalige Angelegenheit, weil im nächsten Monat sind es ja dann vielleicht 3,5 abzurechnende Stunden oder auch gar keine. Die Rechnung unterscheidet sich ja dann sowohl vom Inhalt als auch vom Betrag, ist also eine einmalige Angelegenheit. Und der Werkvertrag ist das Mandat dafür, dass man diese Leistungen abrechnen kann. Im schwachsinnigen Bürokratenmodus sind das aber wiederkehrende Rechnungen und die Mandatsreferenz ist mit der ersten einmaligen SEPA-Lastschrift verbraucht, in der Folge: Rückbuchung durch die Bank. Den SEPA-Verantwortlichen sollte man "wiederkehrend" in den Hintern treten.

Übrigens: Neben SEPA steht uns noch ein Griff ins Klo bevor... denn die EU will auch die Wassermenge bei Klospülungen regulieren.

Diesen Artikel...


... auf weiteren sozialen Netzwerken posten:

Tags

Ein Tag ist ein Schlagwort, welches zu einem Produkt oder einer Seite passt. >> MEHR
Bisher wurden keine Tags vergeben
, um selber Tags hinzuzügen und Ihr persönliches Schlagwort-Register aufzubauen.

Noch kein Konto bei portunity.de? Jetzt kostenlos registrieren!

Trackbacks

Bisher gab es noch keine Links von externen Seiten. Trackback-URL

Kommentare

2 Kommentare bisher
Kommentar schreiben Kommentar via Facebook
Michael Warnck
#1 Michael Warnck | 02.04.2014 um 10:13 Uhr
Diesder Beitrag trifft Wort für Wort genau ins Schwarze. Leider wird wegen dieses für die betr. Unternehmen sehr kostspieligen Unfugs niemand zur Verantwortung gezogen werden.
Toni Lechner
#2 Toni Lechner | 29.04.2014 um 17:11 Uhr
Die SEPA-Datenformat-Gleichschaltung hat gegenüber der bisherigen Verfahren in den europäischen Ländern, den Vorteil, dass Kontenbestände und Kontenbewegungen in Echtzeit ausgewertet werden können;

dies war durch die bisherigen Rechenzentren und Clearingzentralen zeitlich stark gebremst.

Nun wird Europa Buchgeldtechnisch in Echtzeit auswertbar;

und wem steht dieser Echtzeit-Auswertungsdienst zur Verfürung ?

dreimal darf man raten ....

Über den Autor

Bernd Schnell
Portunity GmbH
Hallo. Ich bin einer der Gründer und Geschäftsführer von Portunity und bei uns primär für Finanzen und Controlling verantwortlich.

29.06.2020
04.12.2015
25.04.2013
23.07.2012
22.04.2012
LocalSuite
LocalSuite: Sammlung von Tools für Ihr lokales Unternehmen - Schwerpunkte sind die Digitalisierung von Prozessabläufen und die Module für cleveres Online-Marketing.
Konferenzen.eu
Jetzt eine Telefonkonferenz starten? Schnell, keine Anmeldung erforderlich, kostenlos, normale Festnetznummer und sofort einsatzbereit: www.konferenzen.eu
MusikAnsagen.de
Individuelle musikalische Ansagen für Anrufbeantworter, Warteschleifen, Sprachmenüs und sonstige Telefonie-Anwendungen.
faxnummer.de
Mit dem kostenlosen Faxnummern - Service von Portunity erhalten Sie eine echte Ortnetz-Rufnummer und können sich so Ihre Faxe bequem per eMail zustellen lassen.
BankdatenCheck.de
Mit dem Webservice von BankdatenCheck.de können aus eigenen Applikationen aus dem Shop- und eCommerce-Umfeld Eingaben von Bankdaten auf Plausibilität überprüft werden.