Bei Anfragen von Housing- und Colocation-Kunden gleichermaßen wie bei Root- und vServer-Kunden kommt immer wieder auch die Frage nach Daten-Verkehr (Traffic) und dessen Abrechnung auf. Denn der eine Kunde überträgt auf der Datenautobahn eher kleine und nur wenige Datenpakete - und andere brauchen ganze Datenautobahnen für sich alleine.
Beim Vergleich von Angeboten verschiedener Anbieter kommt es dabei ab und an zur Verwirrung der Interessenten, denn auch im Internet gibt es ganz unterschiedliche Arten der Mount. Und manch ein Anbieter kann seine eigene Abrechnungsmethode manchmal schon nicht mehr richtig erklären - wir mussten schon so manches mal die Angebote von Mitbewerbern erläutern. Von daher habe ich hier mal einen Überblick der üblichen Abrechnungsmethoden von Traffic im Hosting-, Housing- und Colocation-Geschäft zusammengestellt.
Natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit und ohne auf die ganz super-exotischen Modelle einzugehen - denn der Phantasie sind ja bekanntlich keine Grenzen gesetzt. Man kann natürlich sich zu allen Modellen die wildesten Variationen und Fallstricke ausdenken - also Augen auf beim Vergleich. Vor allem bei augenscheinlich besonders günstigen Angeboten.
Datenvolumen je GByte (Transfervolumen): Gemessen und berechnet wird das tatsächliche übertragene Daten-Volumen. Ein- und ausgehender Datenverkehr (engl. "Traffic") wird bzgl. der Größe der Datenpakete in Bytes getrennt gemessen - und am Monatsende dann zusammengerechnet. Die Gesamt-Abrechnung erfolgt dann je (angefangenes) Gigabyte (GByte) oder Terrabyte (TByte) - je nach getroffener Vereinbarung oder abgeschlossenen Tarif.
Die Abrechnung nach Daten-Volumen ist die einfachste Abrechnungsmethode, denn jeder kann sich vorstellen: Wird eine Webseite von 100K Größe 1000 mal abgerufen, habe ich rund 100 MByte Datenvolumen erzeugt.
Eine im Carrier / ISP-Umfeld übliche Abrechnungsmethode ist die nach benutzter Bandbreite, wobei es verschiedene Abrechnungs-Modelle gibt. Allen gemein ist, dass zunächst die genutzte Bandbreite gemessen wird. Dies geschieht in Mess-Intervallen von z.B. fünf Minuten, was dann 8640 Messwerte bei 30 Tagen ergibt. Dabei wird ein- und ausgehende Bandbreite getrennt gemessen. Dies lässt sich grafisch anzeigen und sieht z.B. so aus:
Solche Diagramme bieten wir übrigens jedem Kunden per Webinterface von jedem Switchport.
Dazu wird dann eine Bandbreite vereinbart, z.B. von 5, 10 oder xx MBit. Dies wird bei einigen Anbietern auch als Committed Data Rate (CDR) bezeichnet und ist nichts anderes als die Bandbreite, die - unabhängig von einer tatsächlichen Nutzung - bezahlt wird.
Davon abzugrenzen ist die Bandbreite die technisch zur Verfügung steht - z.B. vom Switchport 100 MBit. Diese Bandbreite wird als Burst-Rate bezeichnet. Man kann für kurze oder längere Zeit die Burst-Rate benutzen - also die vereinbarte CDR bis zum Maximalwert der Burst-Rate überschreiten. Dann spricht man auch vom "bursten".
Rot: Abgerechnet wird die maximale Bandbreite (Variante 1)
Orange: Abgerechnet wird die maximal Bandbreite ohne die 5% größten Messwerte (Variante 3)
Blau: Mittelwert-Abrechnung (Variante 2)
Variante 1 nach Maximal-Bandbreite: Hier wird die höchste gemessene Bandbreite zur Abrechnung herangezogen. Gemessen wird z.B. die Bandbreite alle fünf Minuten. Der Messwert mit der höchsten gemessenen Bandbreite wird dann zur Abrechnung herangezogen (egal ob ein- oder ausgehender Traffic). Diese Methode ist eigentlich sehr unüblich und für den Kunden auch nicht Risiko-frei: Kommt es zu einer Peak-Situation - warum auch immer (DoS-Angriff, Erwähnung in der Presse / TV, ...) - kann es sehr teuer werden im Monat. Da dann eine Ausnahme-Situation von bereits 5 Minuten den ganzen Monat erheblich anhebt. Üblicherweise wird der höchste gemessene Bandbreiten-Wert dann mit dem vereinbarten Wert (CDR) abgeglichen.
Variante 2 Mittelwert-Berechnung: Es wird eine fest abzunehmende Bandbreite vereinbart, z.B. 15 MBit und dazu ein monatlicher fixer Preis. Je weiteres MBit wird ebenfalls ein Preis vereinbart. Alle z.B. fünf Minuten wird ein die durchschnittliche Bandbreite gemessen (= 8640 Messwerte pro 30 Tage) - üblicherweise sowohl ein- als auch ausgehend. Am Monatsende wird daraus ein Mittelwert gebildet und mit dem vereinbarten Bandbreitenwert verglichen um festzustellen, ob nur der Pauschalbetrag oder weitere Bandbreite abzurechnen ist. Auch wenn man nur 15 MBit bezahlt (CDR), kann man zeitweise trotzdem z.B. die Bandbreite des bereitgestellten Switchports (z.B. 100 oder 1000 MBit Burst-Rate) voll nutzen.
Variante 3 Burstable, z.B. 95% oder 98% Percentile: Wie auch bei der Mittelwert-Berechnung wird eine Bandbreite vereinbart (CDR) und es finden regelmässige Messungen von Inomcing- und Outgouing-Bandbreiten statt (z.b. alle 5 Minuten = 8640 Messwerte pro 30 Tage). Am Abrechnungsende werden alle Messwerte sortiert (wobei der jeweils höhere Messwert von Incoming / Outgoing genommen wird). Der Clou: Die z.B. 5% der höchsten Messwerte werden (z.B. 432 Messwerte bei 5% von 8640 Messwerten) werden gekappt und der dann übrig gebliebene volumenstärkste Messwert dient als Grundlage für die Bandbreitenabrechnung.
Der Vorteil der 95%-Burstable-Methode ist, dass volumenintensive Peaks nicht berücksichtigt werden. Die am meisten genutzten z.B. 5% werden gar nicht zur Abrechnung herangezogen. Bei 30 Tagen sind dies immerhin 1,5 Tage (36 Stunden) die aus der Rechnung sozusagen vollständig raus fallen. Industrie-üblich ist hier die 95%-Abrechnung, in seltenen Fällen kommt auch die verschärfte 98%-Regel zum Einsatz (sind dann aber schon nur noch 14,4 Stunden pro 30 Tage). Natürlich können auch alle anderen prozentualen Schwellwerte angeboten und vereinbart werden. Desto näher an 100% - desto teurer und risikoreicher wird es. Desto geringer der Prozentwert, desto günstiger und fairer für den Kunden.
Auf den ersten Blick erscheint die Mittelwerts-Abrechnung als am gerechtesten - allerdings zu Lasten des Anbieters. Denn diese Methode berücksichtigt nicht, dass der Anbieter ja viel höhere Bandbreiten und Reserven tatsächlich vorhalten muss und diese kosten nun einmal Geld. Was bei der Mittelwert-Berechnung dann kostenmäßig natürlich zu höheren Bandbreiten-Preisen führt als bei den beiden anderen Methoden - man sollte also nie Bandbreiten-Preise unterschiedlicher Berechnungsmethoden direkt miteinander vergleichen. Von wegen beim Anbieter XYZ ist der Preis aber viel günstiger: Dies mag auf den Euro-Betrag gesehen der da dran steht naturgemäß durchaus so sein - ohne dass es wegen anderer Abrechnungsmethode tatsächlich so ist.
Die 95%-Percentile Methode kommt im Vergleich zur Mittelwert- und Maximalwert-Berechnung der "benötigten Bandbreite" hingegen am nächsten und ist deshalb zurecht die am weitesten verbreitete Abrechnungsmethode im professionellen Carrier-Umfeld. Ein Kompromiss zwischen fairer Mittelwert- und Maximalwert-Berechnung (vorzuhaltender Bandbreite). Im Massengeschäft haben sich Bandbreiten-Abrechnungen, egal welcher Methode, hingegen eher nicht durchgesetzt.
Die gesamte auf einem Kabel oder Switchport bereitgestellte Bandbreite (z.B. 100 MBit) wird berechnet, unabhängig vom tatsächlichem Verbrauch. Die Abrechnung zum Flat-Preis (Flat-Rate) ist dabei in der Regel die teuerste Möglichkeit - und / oder besonders günstig aber dann nicht selten mit Einschränkungen im Kleingedrucktem verbunden (z.B. willkürlichen Port-Drosselungen). Denn niemand sollte davon ausgehen, dass es unendliche Bandbreiten und Leistungs-Kapazitäten gibt - irgendwo ist immer der Boden und das Ende mal erreicht. Folglich kann Ihnen auch kein (seriöser) Anbieter Leistung ohne definiertes Ende zum fixen Preis anbieten.
Also besondere Vorsicht ist bei augenscheinlichen günstigen Angeboten geboten. Hier gehen die Anbieter dann nämlich gar nicht von einer ehrlichen Flat-Rate (also der tatsächlichen Nutzungsmöglichkeit bis zum Anschlag) aus (was dann entsprechend die teuerste Möglichkeit wäre), sondern gehen in Mischkalkulationen von Massengeschäften. Also anhand von Erfahrungswerten und Spekulationen glauben diese Anbieter zu wissen, dass der Kunde doch nur 1/10 oder 1/20 der angebotenen Brandbreite tatsächlich braucht (und man so auch mit nur einem 1/20 des eigentlich nötigen Preises rechnen kann). Genau solche Anbieter arbeiten dann mit Einschränkungen im Kleingedruckten wie Bandbreiten-Drosselungen (dann stehen den Rest des Monats auf einmal nur nur 5 oder 10 MBit zur Verfügung) - um sich selbst vor Kostenrisiken im Falle das man doch daneben lag zu schützen.
Im Serverhousing- und Colocation-Bereich finde ich persönlich so etwas schlicht unseriös, da es tendenziell zu einer mehrfachen Überbuchung der eigenen Kapazitäten kommt. Mag man beim DSL-, Webspace- oder vServer-Geschäft, bei ein paar tausend, zehntausend oder gar hunderttausend Kunden noch gut mit Mischkalkulationen fahren können - fehlt bei Root-Server-Angeboten und Housing- und Colocation-Diensten dafür meist schlicht die Masse an Kunden. Zum anderen sind beim DSL die Bandbreitenverhältnisse viel niedriger. Und ich persönlich stehe gar nicht auf Fallstricke im Kleingedruckten um uns selber bzw. alle anderen Kunden dann noch halbwegs vor den Folgen mehrfacher Überbuchung abzusichern. Und noch weniger auf Drosselungen - beim Housing und Colocation-Diensten geht dies meiner Meinung mal gar nicht. Da sollte man eher ehrlich und auch dem Anbieter gegenüber offen die benötigten Bandbreiten avisieren und nicht erwarten, maximale Leistung zum günstigsten Preis zu erhalten.
Wir vertreten bei Portunity immer die Grund-Auffassung, dass unsere Kunden und wir gleichermaßen von einem Geschäft und einer Partnerschaft profitieren müssen. Es muss für beide Seiten fair, transparent und nachvollziehbar ablaufen. Aus diesem Grund bieten wir auch jedem Housing und Colocation-Kunden sowohl Bandbreiten-Statistiken der Switchports als auch Traffic-Statistiken pro IP - abrufbar in unserem Webinterface. Bei Portunity handhaben wir nicht nur in unserem Datacenter in Wuppertal die Traffic-Geschichten darüber hinaus aus meiner Sicht recht unbürokratisch:
Standardmäßig arbeiten wir sowohl bei Root- und vServern als auch beim Server-Housing und Housing von 19'' Racks mit Daten-Volumen, da dies für die meisten Kunden an unproblematischsten bzw. auch verständlichsten ist. Dabei haben wir in den meisten Tarifen bereits derart viel Transfervolumen inklusive (oft im TByte-Bereich), dass über 95% der Kunden da kaum oder selten überhaupt auch nur in die Nähe kommen mehr zu benötigen. Zumindestens bei üblichen Anwendungen wie dem Betrieb von Webservern u.ä. Interner Traffic innerhalb unseres Rechenzentrums, z.B. zwischen zwei Housing-Servern, ist übrigens grundsätzlich komplett kostenfrei und wird gar nicht erst erfasst. Und für Mehr-Traffic vereinbaren wir dann einen fairen Preis - wenn überhaupt. Ansonsten melden wir uns wenn es dauerhaft mehr Traffic wird, wobei wir nicht so pingelig sind dann wegen 5 GByte mehr direkt ein Fass aufzumachen. Wir versuchen quasi trotz Daten-Volumen durch die großzügigen Inklusive-Volumen eine Art Flatrate-Feeling zu bieten. Manch Mitbewerber würde bei unseren Angeboten auch bereits "Flat" dran schreiben, aber dies liegt uns wie gesagt nicht so. Von daher kämpfen wir lieber offen ;)
Für größeren Bandbreiten-Bedarf, vor allem im Colocation-Umfeld, ist ansonsten von unserer Seite auch eine Abrechnung nach Bandbreite möglich. Dabei würden wir dann eine Abrechnung nach Committed (CDR) und Burst Data Rate mit 95%-Regel vereinbaren, wobei wir die vereinbarte Bandbreite gemeinsam so wählen, dass für beide Seiten ein möglichst fixer und fairer Betrag entsteht. Und auch hier: Wird er mal geringfügig überschritten, so sei es denn dann.
Ich hoffe ich habe mit meinem Artikel die gebräuchlichsten Abrechnungsmethoden bei Traffic und Bandbreiten im Hosting-Bereich, insbesondere auch von Housing- und Colocation-Anbietern (Rechenzentren, Datacenter), übersichtlich dargestellt. Ansonsten stehen meine Mitarbeiter und ich gerne jederzeit für Rückfragen zur Verfügung.
27.01.2023
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